Lieblinge des Monats Februar.
Maja Göpel: Werte. Ein Kompass für die Zukunft
Wie viel Regulierung braucht eine Demokratie?
Warum ist Bürokratie nötig? Sind rein monetäre Aspekte bei der Bewertung eines
Unternehmens vollständig und tragfähig? Warum ist es sinnvoll, für eine ökologisch
positive Bauwirtschaft die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und gute Architektur
einzubeziehen? Wann helfen gesetzliche Vorgaben den Unternehmen? Was können wir
den Forderungen nach einer „starken Hand“ entgegensetzen? Ist Europa als
Konstrukt ein Hemmschuh oder bietet es ungewöhnliche Lösungsansätze?
Dr. Maja Göpel stellt nicht nur sinnvolle Fragen –
sie beantwortet sie auch. (Da keine Antwort sich kurz zusammenfassen lässt,
hier notgedrungen nur ein Teil der Fragen …) Göpel ist Politökonomin und
Expertin für Nachhaltigkeitspolitik sowie Transformationsforschung, ihre
Antworten sind fundiert und binden Wissen aus unterschiedlichen, sich notwendig
ergänzenden Bereichen ein. (Das Literaturverzeichnis ist entsprechend groß und
interessant.) Das ist nicht immer leicht zu lesen; es ist auch nichts, was man
liest und dann ins Regal stellt. Ich sehe es eher als Anleitung, die man immer
wieder in die Hand nimmt. Eine Anleitung, die ermutigt, Chancen aufzeigt,
Handlungsvorschläge macht und damit ganz praktisch ist. „Werte. Ein Kompass für
die Zukunft“ ist eines der Bücher, die wir gerade dringend brauchen.
Yukiko Tominaga: Vermissen auf Japanisch
Wie lebt man weiter, wenn der geliebte Ehemann
durch einen Unfall stirbt und nichts als Schulden hinterlässt? Kyoko weiß es
nicht – sie weiß nur, dass sie eine unbändige Wut in sich spürt. Und dass Alex,
ihr kleiner Sohn, die größte Stütze ist, die sie hat. Aber auch Bubbe, ihre
Schwiegermutter, steht ihr bei, sie lehrt sie nicht nur das Umarmen, sondern
auch, für sich selbst zu sorgen. Kyokos kleine Gemeinheiten erwidert sie mit
Freundlichkeit: „Du darfst das, Du bist in Trauer.“ Ob das hilft, wieder auf die
Beine zu kommen?
Yukiko Tominagas Debut ist kein klassischer Roman:
Sie erzählt in Zeitsprüngen und ihre Kyoko ist eine recht unzuverlässige
Erzählerin. Aber genau das fand ich so beeindruckend – denn es zeigt die innere
Zerrissenheit nach einem Trauerfall, die Ambivalenz der Gefühle und auch, wie
unterschiedlich Hilfestellungen sein können. Daneben lesen wir von zwei ganz
unterschiedlichen Kulturen, der japanischen und der amerikanischen. Dabei
gelingt es der Autorin, diesen Clash der Kulturen nachvollziehbar in Kyokos Geschichte
hinein zu verweben. „Vermissen auf Japanisch“ ist ungemein wahrhaftig erzählt
und alles andere als ein trauriges Buch.
Britta Röder: Fliehkraft
In der Kurzgeschichte „Hochzeitstag“ resümiert
Ingrid ihre Ehe mit Horst während sie darauf wartet, dass er von der Arbeit
nach Hause kommt. Das ist keine neue Idee – aber es gibt nicht nur einen
unerwarteten Twist … Der „Sommer 1981“ nimmt uns Leser:innen dann mit in einen
denkwürdigen Frankreichurlaub, der ein Fenster des Verstehens öffnet, das nie
wieder zugehen wird. „Gert macht kehrt“ hingegen spielt im Hier und Jetzt und
auch hier passiert erst einmal, was wir am Anfang erwarten. Allerdings bleibt
nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.
Britta Röders neues Buch ist kein Roman, sondern enthält sieben Erzählungen. Sie haben kein gemeinsames Thema, aber ein gemeinsames Setting – Röder lotet das Miteinander in Familien und Beziehungen aus. Ihre Personen wirken wie aus Fleisch und Blut, haben gute und schlechte Eigenschaften, ihr Handeln ist realistisch und sehr nachvollziehbar. Vielleicht denkt man deswegen auch lange nach dem Lesen noch über die Geschichten nach: Das Personal könnte auch zur eigenen Familie, zum eigenen Freundeskreis gehören.
„In der Wartehalle“ hat übrigens als einzige
Geschichte eine leicht fantastische Drehung, aber auch diese werde ich nicht
näher benennen. Vielleicht, vielleicht erfahren Sie ja bei der musikalischen
Lesung mehr: Am Sonntag, 9. März 2025 liest Britta Röder im Rahmen der
Buchmesse im Ried aus ihrem Erzählband und Hans-Werner Brun begleitet sie
musikalisch dabei. Ich kann nur jedem empfehlen, um 15.30 Uhr in den Kulturraum
der Rheinhalle in Stockstadt/Rhein zu kommen!
Paktikantin Zara empfiehlt:
Gene Luen Yang / Gurihiru: Avatar - Der Herr der
Elemente. Das Versprechen (Bd1.)
Es ist eine Fortsetzung der Serie Avatar- Der Herr
der Elemente. Der hundert Jahre währende Krieg gegen Feuerlord Ozai ist vorbei
… doch das Abenteuer mit dem Avatar-Team ist noch lange nicht zu Ende! Der
Avatar Aang und Feuerlord Zuko versprachen mit dem Erdkönig, dass
sie alle vier Nationen in Harmonie wieder aufbauen werden. Deswegen besucht
Aang eine Kolonie im Erdkönigreich, die der Feuernation angehört. Das führt zu
einer Spannung zwischen diesen Nachbarn, die erst den Frieden gewonnen hatten.
Dieses Problem zwingt Avatar Aang dazu, seinen besten Freund, den neuen
Feuerlord Zuko herauszufordern.
Man kann sehr gut in diesen Comic hineintauchen!
Es geht um Freundschaft, Liebe Familie und weiteres
mehr. Die Cover und gezeichneten Bilder im Comic sind einzigartig und die
Farben sind schön und bunt, so dass man sich in die Geschichte gut
hineinversetzen kann. Man muss sich schweren Problemen nicht allein stellen,
wofür hat man denn auch sonst seine besten Freunde? Das und vieles mehr kann
man bei der Reihe „Avatar - Der Herr der Elemente“ lernen. Avatar-Fans sollten
diesen Comic also auf keinen Fall verpassen!
CrossxCult,
Übersetzung: Andreas Mergenthaler, 978-3-86425-065-1, € 9,90
Ralf Schwob empfiehlt – Danya Kukafka: Notizen zu einer Hinrichtung
Ansel Packer wartet in der Todeszelle auf seine Hinrichtung. Der
Frauenmörder leugnet seine Taten nicht, erklärt sie sich selbst aber natürlich
vollkommen anders als die ihn verurteilende US-amerikanische Gesellschaft und
deren Justiz es tut. Und: Ansel Packer hat eine Verbündete, die ihm helfen
soll, im letzten Moment dem sicheren Tod doch noch zu entkommen.
Während die Stunden bis zur Hinrichtung langsam vergehen und wir
teilhaben an den Gedanken des Verurteilten, springt der Roman etappenweise
zurück in Ansel Packers Leben und die Lebensgeschichte und die Motive des
Mörders werden erzählt. Das Besondere daran ist, dass hier nicht aus der Sicht
Packers erzählt wird, sondern aus der Perspektive der drei wichtigsten Frauen
seines Lebens: Lavender, seiner Mutter, Saffron, einer Freundin aus dem
Kinderheim, die später als Polizistin gegen ihn ermittelt, und Hazel, seiner
Schwägerin. So wird in diesem ungewöhnlichen Thriller nicht nur die Geschichte
des Mörders Anselm Packer erzählt, sondern auch die Geschichte seiner Opfer und
Weggefährtinnen.
Danya Kukafkas Roman ist eine spannende Mischung aus Thriller und
sozialem Drama. Die Perspektivenwechsel sorgen dafür, dass einem beim Lesen
Anselm Packer immer wieder in einem anderen Licht erscheint, wobei seine Taten
aber niemals relativiert oder gar verharmlost werden. Im Gegenteil: die
Vielstimmigkeit des Romans sorgt dafür, dass hinter den persönlichen
Schicksalen auch die strukturelle Gewalt der US-Gesellschaft ins Blickfeld
gerät
Aufbau Taschenbuch Verlag, Übersetzung: Andrea O’Brien,
978-3-7466-4227-7, € 13,00