Die besonderen Empfehlungen dieses Monats - Buchhandlung und Verlag Bornhofen in Gernsheim am Rhein

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Lieblinge des Monats Mai.
Tony Hillerman: Tanzplatz der Toten

Vermutlich ist es nur ein Streich. So denkt Joe Leaphorn von der Navajo-Polizei – vermutlich ist es nur ein dummer Streich zweier Halbwüchsiger. Und er muss sich jetzt damit herumschlagen, den Navajo-Jungen George Bowlegs zu finden. Und dabei dem Ermittler der Zuni-Polizei, der ihm vorgesetzt wurde, nicht in die Quere zu kommen. Denn Ernesto Cata, der andere verschwundene Junge, ist ein Zuni. Die Zeit drängt, denn jeder Tag kann der letzte Herbsttag sein, und sobald der Schnee fällt, ist die Chance, die beiden verschwundenen Jungs zu finden bevor sie erfrieren, sehr klein. Doch dann wird Ernestos Leiche gefunden. Und am Tag vorher hat Leaphorn Kachina gesehen, den Totengeist der Zuni …

Der Unionsverlag hat, vierzig Jahre nach der Erstveröffentlichung, die Reihe um Joe Leaphorn und Jim Chee von der Navajo-Polizei wieder aufgelegt. Tony Hillerman, der Autor, hatte eine große Hingabe zur Kultur der indigenen Bevölkerung, seine Kriminalromane sind eine faszinierende Mischung aus Spannung, indigenen Lebenswelten (vordringlich der Navajo, aber auch andere Stämme finden Erwähnung) und der Weite der Landschaft. Wo heute das Gespenst der unberechtigten Aneignung durch die Kulturlandschaft geistert, hat Hillerman seine Bücher damals mit so großem Respekt und nach so umfangreicher Recherche verfasst, dass er dafür von den Navajos ausgezeichnet wurde. Ich habe diese Krimis schon vor dreißig Jahren gelesen – und auch heute, mit deutlich mehr (Lese-)Erfahrung finde ich so großartig!

Unionsverlag, Übersetzung: Helmut Eilers, 978-3-293-20953-4, € 14,00

Stine Pilgaard: Meter pro Sekunde

Kfz, Kummerkasten, Kind. Auf diese drei K ließe sich das Leben herunterkürzen – zumindest empfindet es die (namenlose) junge Mutter so, die in „Meter pro Sekunde“ von ihrem Alltag erzählt. Kfz, weil sie von Fahrlehrer zu Fahrlehrerin zu Fahrlehrer weitergereicht wird und immer noch keinen Führerschein hat. Das führt zu erstaunlichen Betrachtungen über Fähigkeiten, Straßenverkehr und das Leben im Allgemeinen. Kummerkasten, weil die Chefin ihres Mannes findet, auch die Partner bräuchten eine sinnvolle Beschäftigung und darum die Stelle der Kummerkastenschreiberin für die junge Mutter überhaupt erst erschaffen lässt. Dass sie diese Aufgabe mit einer erstaunlichen Mischung aus Selbstbetrachtung und Klugheit zu lösen weiß, war nicht unbedingt zu erwarten. Und Kind, nun, weil ein Kleinkind einfach viel Zeit und Raum einfordert.

In kurzen Sequenzen, die sich in der Abfolge ähneln wie die Wochentage, lässt Stine Pilgaard ihre Mutter erzählen: Vom Leben mit Kind und Liebstem, von Freundschaft und dem Miteinander im kleinen Ort, von der erstaunlichen Schule, in der ihr Liebster arbeitet, vom Gefühl nicht richtig zu sein und trotzdem irgendwie klar zu kommen. Ich habe beim Lesen laut gelacht, immer wieder Abschnitte vorgelesen, mir sehnsüchtig Lesezeit freigeschaufelt. „Meter pro Sekunde“ ist weise, witzig, lebensnah – und will dabei, so glaube ich, wirklich einfach nur unterhalten. Mit Ohrwurm als Dreingabe (den müssen Sie aber bitte selbst herausfinden!).

Kanon Verlag, Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel, 978-3-98568-077-1, € 14,00

Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück

„Du sollst Vater und Mutter ehren“ – das vierte Gebot ist so schwierig umzusetzen, dass sich ganze Generationen mit und ohne Hilfe der Psychoanalyse daran abarbeiten. Um ein Vielfaches schwieriger jedoch ist das Verhältnis von Kindern und Kindeskindern mit den Holocaust-Überlebenden der Vorgeneration: Diese Eltern haben nicht nur Not, Diskriminierung, Progrome und Verfolgung erlebt, sondern eine unvorstellbare Hölle. Dass das einen direkten Einfluss auf den Umgang mit den Nachkommen hatte, das kann man erahnen. Wie schwierig das konkret ist, das beschreibt Michel Bergmann in seinem Buch „Mameleben“, in dem er seiner Mutter Charlotte ein sehr ehrliches Denkmal setzt.

Dafür taucht er in ihre Vergangenheit ein und nimmt uns mit zum Anfang des 20. Jahrhunderts in eine liberale jüdische Familie. Charlotte ist ein wildes, engagiertes Mädchen, sie geht auf die höhere Schule, spielt Theater und weiß genau, was sie will. Die Familie ist im Ort angesehen – doch gleich mit dem Wahlgewinn der Nazi-Partei 1933 kommen die Repressalien. Die Eltern überleben den Holocaust nicht, sie werden 1941 nach ihrer Deportation nach Riga erschossen. Charlotte überlebt in der Schweiz, gerade so ist sie der Mordmaschinerie der Deutschen entkommen. Im Lager dort kommt Sohn Michel zur Welt, im Januar 1945, der Krieg dauert noch wenige Monate …

Dieses Buch schafft einen sehr schwierigen Spagat: Es erzählt von unvorstellbarem Leid, vom schwierigen Miteinander. Und gleichzeitig ist es versöhnlich und geprägt von Liebe. Lesenswert!

Diogenes Verlag, 978-3-257-07225-9, € 25,00

Meron Mendel: Über Israel reden. Eine deutsche Debatte

Lesen. Denken. Reden.: Das ist der Slogan des Deutschen Sachbuchpreises, für den Meron Mendels Buch, zusammen mit sieben anderen Büchern, nominiert ist. Gelesen habe ich es, mit dem Denken werde ich lange nicht aufhören. Wie es mit dem Reden wird, hängt sicherlich davon ab, ob sich die entsprechenden Situationen ergeben.

Meron Mendel ist in Israel geboren, hat dort studiert und die Militärzeit abgeleistet, seit zwanzig Jahren lebt er in Deutschland; er leitet die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. Sein Buch hat er in vier Kapitel eingeteilt, die da lauten: die Debatte um die Staatsräson / der BDS-Streit / die Linke und der Nahostkonflikt / die Erinnerungskultur und ihre Kritiker. Sehr genau analysiert er in diesen Kapiteln Positionen und Stellungnahmen ganz unterschiedlicher Gruppierungen und Parteien und zeigt auf, ob und inwiefern Antisemitismus deren Grundlage ist. Immer wieder verlangt er uns Leser*innen ab, in komplexen Zusammenhängen zu denken. Und er arbeitet aus, wann und wie unsere Positionierung mehr mit uns selbst und Deutschland zu tun hat, als mit dem Staat Israel. Das alles stellt der Autor sehr klug und anschaulich dar – gerade deshalb bleibt viel zu überdenken. Vor allem ist Mendel sehr weit davon entfernt, Pauschalurteile oder klassische Gut-Böse-Einteilungen vorzunehmen. Und das ist für die durchaus hitzige Debatte um Israel und die Palästinenser (leider) ziemlich einzigartig.

„Über Israel reden“ ist ein ausgesprochen wichtiges Buch!

Kiepenheuer & Witsch, 978-3-462-00351-2, € 22,00

Hasnain Kazim / Lena Hesse: Zoff! Bumm! Bämm!

Maxi und Ali sind beste Freunde. Sie machen ziemlich viel zusammen: sie fahren in die Schule und zurück mit ihren Rädern, machen Hausaufgaben miteinander und oft wird anschließend gespielt. Ali mag Fußball, also spielt Maxi manchmal Fußball mit ihm. Maxi mag Pferde, also geht Ali ab und an mit ihr auf den Reiterhof. Eines Tages aber streiten sie. Über ein eigentlich ganz doofes Thema – ihre Namen. Ali ist nämlich keine Abkürzung, Maxi hingegen steht für Maximiliane. Es ist ein großer Streit und es braucht ein bisschen, bis sie sich wieder vertragen. Von da an gucken sie ganz genau hin: Worüber kann man streiten und wie ist das überhaupt? Gibt es Regeln? Ist es vertretbar, Gewalt zu nutzen? Ist ein Krieg auch nichts anderes als ein Streit?

Hasnain Kazims Texte über Streit, Politik, Gerechtigkeit, Gewalt und Krieg sind eindrücklich, präzise in der Ausarbeitung und für Kinder sehr gut nachvollziehbar. Da alles in eine funktionierende Rahmenhandlung eingebettet ist, kommt es überhaupt nicht belehrend rüber – durchaus bemerkenswert bei einem so schwierigen Thema! Darüber hinaus punktet das Buch mit kurzen Sätzen, klarer Sprache, und vielen, sehr passenden Illustrationen von Lena Hesse. Und überhaupt: Ich kann die neue Reihe im Carlsen Verlag „Einfach lesen lernen“ sehr empfehlen. Dieser Titel ist für Kinder der dritten Klasse, aber auch schon für sehr fitte Zweitklässer*innen geeignet.

Carlsen Verlag, 978-3-551-69088-3, € 9,00

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