Unsere Newsletter im Mai 2023 - Buchhandlung und Verlag Bornhofen in Gernsheim am Rhein

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Die BücherEulen im Mai 2023:
Büchereule 02-05-2023

Liebe Büchermenschen,
   
die Buchbranche diskutiert gerade über den Kulturpass. Falls Sie davon noch nichts gehört haben – so geht es eigentlich jedem außerhalb meiner kleinen Bubble, mit dem ich mich darüber auszutauschen versuche.

Der Kulturpass ist eine großartige Idee: Jedem Menschen, der in 2023 18 Jahre alt wird, spendiert der Staat 200 € für Konzerte, Veranstaltungen, Musik, Bücher, Ausstellungen. Das Ganze wird über eine App verwaltet (wofür man einen digitalen Personalausweis benötigt – am besten gleich drum kümmern!) und es wird nicht möglich sein, dieses Geld in Digitalien auszugeben. In Frankreich gibt es ihn bereits seit letztem Jahr, er hat dort großen Erfolg.
Für uns Buchhändler*innen ist das ein wenig Organisationsaufwand, aber das mache ich sehr gerne. Und wenn das Geld nicht in Bücher, sondern in Konzerte oder Ausstellungen fließt: Das freut mich nicht weniger. Wichtig ist doch die Teilhabe an kultureller Vielfalt! Brauchen wir doch alle.
Mein Herbst-Veranstaltungsprogramm wird sehr wahrscheinlich ein wenig darauf angepasst sein.   
  (Übrigens: Kein Geschimpfe über die Jugend von meiner Seite. Ganz im Gegenteil - ich erlebe sie als freundlich, hilfsbereit und interessiert. Innerhalb und außerhalb der Buchhandlung.)

Freuen wir uns also ein bisschen mit, ja? Und wenn Sie jemanden in diesem Alter kennen:  LINK

Lisa Baumfeld
lebte nur kurze 20 Jahre, von 1877 bis 1897. Vielleicht hätte sie noch viel mehr so treffender Gedichte geschrieben – das Lebensgefühl, dass sie hier notiert hat, könnte glatt ein Corona-Lebensgefühl sein. (Auch wegen des Corona-Alltags der vergangenen Jahre finde ich den Kulturpass so toll!!)

Ich brauche Menschen ...
  
  Ich brauche Menschen! Ja – in hellen Zimmern,
  Erfüllt von Düften, Lächeln, Fächeln, Flimmern,
  Wo schlank geformt – leichtwiegende Gedanken
  Von Mund zu Mund sich lachend, blühend ranken!
  
  Ich brauche Menschen ... seid'ner Schleifen Rauschen
  Und Blicke, die sich sorglos spielend tauschen,
  Und Worte, die ob tausend Kelchen schweifen
  Und manchmal scheue, süße Beeren streifen –
  Und Töne, die wie flücht'ge Küsse drängen
  Und sich an lauschend bange Ohren hängen
  Und bunte Wolken in die Blicke stäuben
  Und blenden, schmeicheln, lügen und betäuben
  Und all das Leere, Schwere überhallen ...
  
  – – Stöhnst du, mein Herz, daß wir so tief gefallen?
  
Über ihre Begegnungen mit Kultur reden Emine Sevgi   Özdamar, die Büchnerpreisträgerin 2022 und Dincer Gücyeter, Preisträger der Leipziger Buchmesse 2023 im Bereich Belletristik, in diesem Video-Mitschnitt. Sie waren für eine Doppellesung nach Krefeld ins Literaturhaus eingeladen worden und vorher erzählten sie, wie sie auf die Bühne bzw. zum Schreiben kamen. Man muss sich ein bisschen konzentrieren – aber es ist wirklich interessant!  LINK

Sowohl Özdamar als auch Gücyeter erzählen, wie wichtig es war, die für sie passende Sprache für ihre Bücher zu finden. Bei der nun folgenden Buchempfehlung war das nicht anders, denke ich. Jedenfalls ist diese Biografie deutlich anders in der Sprache, als die Bücher die ich sonst von Michel Bergmann kenne:
  
Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück
„Du sollst Vater   und Mutter ehren“ – das vierte Gebot ist so schwierig umzusetzen, dass sich   ganze Generationen mit und ohne Hilfe der Psychoanalyse daran abarbeiten. Um   ein Vielfaches schwieriger jedoch ist das Verhältnis von Kindern und Kindeskindern mit den Holocaust-Überlebenden der Vorgeneration: Diese Eltern haben nicht nur Not, Diskriminierung, Progrome und Verfolgung erlebt, sondern eine unvorstellbare Hölle. Dass das einen direkten Einfluss auf den Umgang mit den Nachkommen hatte, das kann man erahnen. Wie schwierig das konkret ist, das beschreibt Michel Bergmann in seinem Buch „Mameleben“, in dem er seiner Mutter Charlotte ein sehr ehrliches Denkmal setzt.
Dafür taucht er in ihre Vergangenheit ein und nimmt uns mit zum Anfang des 20. Jahrhunderts in eine liberale jüdische Familie. Charlotte ist ein wildes, engagiertes Mädchen, sie geht auf die höhere Schule, spielt Theater und weiß genau, was sie will. Die Familie ist im Ort angesehen – doch gleich mit dem Wahlgewinn der Nazi-Partei 1933 kommen die Repressalien. Die Eltern überleben den Holocaust nicht, sie werden 1941 nach ihrer Deportation nach Riga erschossen. Charlotte überlebt in der Schweiz, gerade so ist sie der Mordmaschinerie der Deutschen entkommen. Im Lager dort kommt Sohn Michel zur Welt, im Januar 1945, der Krieg dauert noch wenige Monate …
Dieses Buch schafft einen sehr schwierigen Spagat: Es erzählt von unvorstellbarem Leid, vom schwierigen Miteinander. Und gleichzeitig ist es versöhnlich und geprägt von Liebe. Lesenswert!
Diogenes   Verlag, 978-3-257-07225-9, € 25,00

Meine zweite Buchempfehlung steht auf der Liste für den Deutschen Sachbuchpreis, der Anfang Juni vergeben wird:

Meron Mendel: Über Israel reden. Eine deutsche Debatte
Lesen. Denken. Reden.: Das ist der Slogan des Deutschen Sachbuchpreises, für den Meron Mendels Buch, zusammen mit sieben anderen Büchern, nominiert ist. Gelesen habe ich es, mit dem Denken werde ich lange nicht aufhören. Wie es mit dem Reden wird, hängt sicherlich davon ab, ob sich die entsprechenden Situationen ergeben.
Meron Mendel ist in Israel geboren, hat dort studiert und die Militärzeit abgeleistet, seit zwanzig Jahren lebt er in Deutschland; er leitet die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. Sein Buch hat er in vier Kapitel eingeteilt, die da lauten: die Debatte um die Staatsräson / der BDS-Streit / die Linke und der Nahostkonflikt / die Erinnerungskultur und ihre Kritiker. Sehr genau analysiert er in diesen Kapiteln Positionen und Stellungnahmen ganz unterschiedlicher Gruppierungen und Parteien und zeigt auf, ob und inwiefern Antisemitismus deren Grundlage ist. Immer wieder verlangt er uns Leser*innen ab, in komplexen Zusammenhängen zu denken. Und er arbeitet aus, wann und wie unsere Positionierung mehr mit uns selbst und Deutschland zu tun hat, als mit dem Staat Israel. Das alles stellt der Autor sehr klug und anschaulich dar – gerade deshalb bleibt viel zu überdenken. Vor allem ist Mendel sehr weit davon entfernt, Pauschalurteile oder klassische Gut-Böse-Einteilungen vorzunehmen. Und das ist für die durchaus hitzige Debatte um Israel und die Palästinenser (leider) ziemlich einzigartig.
„Über Israel reden“ ist ein ausgesprochen wichtiges Buch!
Kiepenheuer   & Witsch, 978-3-462-00351-2, € 22,00


Andere wichtige und interessante Titel hatte ich für die Feministische Buchwoche zusammengestellt. Diese war vom 6. bis 14. Mai, die Bücherfrauen hatten sie ausgelobt und auch viele Veranstaltungen dazu zusammengetragen. Da das Thema mir wichtig ist, bleibt das Schaufenster noch einige Zeit in dieser Gestaltung. Und für 2024 gelingt mir sicherlich auch die Organisation einer schönen Veranstaltung passend zur Woche.
Ach, Veranstaltung: Für die Lesung mit Getraude Selzer am kommenden Donnerstag (25. Mai 2023, 19 Uhr, Café Omalisbeth) gibt es noch Karten. Und Abendessen gibt es dort auch …
Und auch am 5. Juni um 19 Uhr zu „Gernsheim liest und hört zu“ sind noch Plätze frei.
Für alle Veranstaltungen können Sie sich in der Buchhandlung anmelden.
Den Kartenverkauf für die Bundesgartenschau in Mannheim haben wir übrigens auch!

Im Bilderbuchpfad ist noch bis zum 29. Mai die   Geschichte „Elefanten im Haus“ spazierenzusehen:
"Elefanten im Haus" - das ist   eine tolle Neuigkeit, findet Fine. Vielleicht gibt es sogar Elefantenkinder? Dass die Nachbarn nicht sooo glücklich mit den neuen Bewohnern sind, das ist leider auch der Fall. Aber Fine wäre nicht Fine und Fines Papa wäre nicht Fines Papa, wenn sich das nicht regeln ließe ...

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit! Und: Lesen Sie gut!

Herzlichst Ihre
Lucia Bornhofen

mit dem Team der Buchhandlung Bornhofen
Magdalenenstraße 55, 64579 Gernsheim
Fon 06258 4242, Fax 06258 51777
info@buchhandlung-bornhofen.de
HRA Darmstadt 532241

Büchereule 01-05-2023

Liebe Büchermenschen,

nein, nein, Sie bekommen nicht ab jetzt jede Woche eine Büchereule. Nur diesmal ist die Taktung so eng: Erst gestern haben sich wirklich alle Termine zusammensortiert und die wollte ich Ihnen gerne mitteilen. Damit Sie alles in der Übersicht haben, hängt eine pdf an, die können Sie auch ausdrucken und an Ihre Pinwand hängen, wenn Sie möchten …
 

Dieser Tage bin ich noch ein bisschen öfter in den Schulen als sonst: Für die Lesungen zum Welttag des Buches bekommt jede angemeldete Klasse eine Schulstunde „spendiert“. Besonders toll finden die Kinder gerade das kleinste Buch der Welt! Das hab‘ ich nämlich - neben dem Welttagsbuch „Volle Fahrt ins Abenteuer“, das jedes Kind auch für sich selbst bekommt – zum Zeigen mit im Gepäck.
 

Meist bin ich auch in Richtung Schule mit dem Fahrrad unterwegs. Grundsätzlich bin ich erheblich beweglicher als mit dem Auto und die Parkplatzsuche entfällt. Aber es muss sich noch viel tun: Gestern zum Beispiel bin ich gleich zweimal in Baustellen hineingeraten. Denn anders als für den Autoverkehr werden Fahrradwege nicht immer abgesperrt – und dann merke ich erst, wenn ich vor dem Hindernis stehe, dass ich eigentlich nicht weiterkomme. Das ist sicherlich keine Absicht der Planenden, aber unschön ist es trotzdem.
 

Immerhin werden die Fahrradwege sich in den nächsten Jahren sehr verbessern, da wird einiges um- und ausgebaut. Falls Sie Lust haben, auf die Bedürfnisse der Radler*innen aufmerksam zu machen: Es gibt auch in diesem Jahr wieder die Aktion Stadtradeln, sie läuft vom 14.05. bis 03.06.23. Ich fahre wieder im Team Gemüsenetzwerk, weil ich deren Arbeit so toll finde. (Die vom Kinderschutzbund auch, aber ich muss mich ja entscheiden und bin grundsätzlich eine treue Seele …) Wer sich noch anmelden möchte: LINK

 
Bei den Buchempfehlungen ist diesmal im Kinderbuch ein kleiner Schwerpunkt auf dem Streiten. Warum weiß ich gar nicht so genau, Bücher finden ja „einfach so“ zu mir.

 
Marc Majewski: Schmetterlingskind
 
„Ich bin ein Schmetterling!“ so steht es auf der ersten Seite. Ein Junge hat Schmetterlingsflügel gebastelt und sie an seinen Armen befestigt. „Noch eine Kleinigkeit … und ich bin bereit“, er steckt sich Fühler an und geht aus dem Haus. Sein Vater repariert gerade ein Fahrrad und guckt ihm hinterher, der Junge breitet seine Flügel aus und lässt sich tanzend und wirbelnd über die Wiese treiben. Bis ein Ball ihn am Kopf trifft, vollkommen mit Absicht, und die Kinder, die bisher einfach Ball spielten, Flügel und Fühler beschädigen. Sehr traurig geht er nach Hause und will eigentlich ganz alleine sein. Und bestimmt nie wieder raus. Doch ein kluger Vater weiß zu helfen – und manchmal macht auch ein einziger Mensch den entscheidenden Unterschied!
Dieses Bilderbuch kommt mit wenigen Worten aus! Das liegt aber nicht daran, dass es wenig zu erzählen hätte – ganz im Gegenteil, die Geschichte ist wichtig, es geht ums Anderssein und die Schwierigkeiten der großen Masse, damit umzugehen. Marc Majewski, der zugleich Autor und Illustrator ist, gelingt es mit bunten, verspielten Bildern zu kurzen Sätzen, alles zu erzählen. Und aufzuzeigen, wie gelingendes Miteinander funktionieren kann. Katharina Naumanns Übersetzungskunst haben wir übrigens herrliche Sequenzen zu verdanken: „… drehe ich mich rundherum und wirbele und zwirbele und flattere und wedele.“
 
Ein absoluter Bilderbuchliebling!
Verlag von Hacht, Übersetzung Katharina Naumann, 978-3-96826-029-7, € 16,00

 
Hasnain Kazim / Lena Hesse: Zoff! Bumm! Bämm!
Maxi und Ali sind beste Freunde. Sie machen ziemlich viel zusammen: sie fahren in die Schule und zurück mit ihren Rädern, machen Hausaufgaben miteinander und oft wird anschließend gespielt. Ali mag Fußball, also spielt Maxi manchmal Fußball mit ihm. Maxi mag Pferde, also geht Ali ab und an mit ihr auf den Reiterhof. Eines Tages aber streiten sie. Über ein eigentlich ganz doofes Thema – ihre Namen. Ali ist nämlich keine Abkürzung, Maxi hingegen steht für Maximiliane. Es ist ein großer Streit und es braucht ein bisschen, bis sie sich wieder vertragen. Von da an gucken sie ganz genau hin: Worüber kann man streiten und wie ist das überhaupt? Gibt es Regeln? Ist es vertretbar, Gewalt zu nutzen? Ist ein Krieg auch nichts anderes als ein Streit?
Hasnain Kazims Texte über Streit, Politik, Gerechtigkeit, Gewalt und Krieg sind eindrücklich, präzise in der Ausarbeitung und für Kinder sehr gut nachvollziehbar. Da alles in eine funktionierende Rahmenhandlung eingebettet ist, kommt es überhaupt nicht belehrend rüber – durchaus bemerkenswert bei einem so schwierigen Thema! Darüber hinaus punktet das Buch mit kurzen Sätzen, klarer Sprache, und vielen, sehr passenden Illustrationen von Lena Hesse. Und überhaupt: Ich kann die neue Reihe im Carlsen Verlag „Einfach lesen lernen“ sehr empfehlen. Dieser Titel ist für Kinder der dritten Klasse, aber auch schon für sehr fitte Zweitklässer*innen geeignet.Carlsen Verlag, 978-3-551-69088-3, € 9,00

Bücher für Erwachsene sind natürlich auch bei unseren Empfehlungen. Besonders habe ich mich über „alte Bekannte“ gefreut – die Navajo-Krimi-Reihe rund um Joe Leaphorn und Jim Chee gibt’s in der Neuauflage: LINK


Was gerade im Bilderbuchpfad läuft, hatte ich schon erzählt („In meiner Straße – geteilte Freude ist doppelte Freude“). Ab Montag gibt es dann für eine Woche den Rätselpfad statt des Bilderbuchpfades: Am 13.05. ist Tag des Stadtumbaus, die Schöfferstadt organisiert ein schönes Fest im Europagarten – und wir beteiligen uns mit einem kleinen Preisausschreiben, bei dem es 5 x 13 € Eisgutscheine zu gewinnen gibt.

Vielleicht sehen wir uns ja bei der einen oder anderen Veranstaltung? Ich würde mich sehr freuen!Bis dahin wünsche ich herrliche Mai-Tage!

Auf dem Hof
Sonnenschein fällt in das letzte Sprühen des Mairegens.
Der neue Leiterwagen dampft in die Sonne.
Ein Tropfen blitzt.
Unter ihm, in einer kleinen Lache, blauer Himmel und weiße Wölkchen.
Paul Ernst · 1866-1933

Und: Lesen Sie gut!

Herzlichst, Ihre
Lucia Bornhofen

mit dem Team der Buchhandlung Bornhofen
Magdalenenstraße 55, 64579 Gernsheim
Fon 06258 4242, Fax 06258 51777
info@buchhandlung-bornhofen.de
HRA Darmstadt 53224

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